2025/01: Land OÖ: Von der Blüte ins Glas: Gemeinsam Streuobst erleben!

OÖ: Wo Natur ihren Platz hat, ist Wiederherstellung überflüssig

Was einst durch Bauershand angelegt und über Generationen gepflegt wurde, stand im 20. Jahrhundert vielerorts unter Druck: Arbeitsintensität und fehlende Absatzmöglichkeiten führten zum Rückgang der Flächen. Ohne einen funktionierenden Absatzmarkt könnten die hohen Standards und Pflegeaufwände der Landwirte jedoch schwer aufrechterhalten werden, was den Erhalt solcher Kulturlandschaften wirtschaftlich untragbar machen würde.
„Die Streuobstwiese ist damit zum Sinnbild für das Spannungsfeld geworden, in dem sich viele landwirtschaftliche Sektoren bewegen – zwischen ökologischen Anforderungen, Arbeitsaufwand und der Notwendigkeit, wirtschaftlich tragfähig zu bleiben“, so LRin Michaela Langer-Weninger. Heute aber erleben Pflege, Nutzung und Wertschätzung der Streuobstwiesen eine Renaissance. „Mit rund 1,5 Millionen Obstbäumen auf etwa 15.000 Hektar Fläche beherbergt Oberösterreich mittlerweile ein Drittel des gesamten österreichischen Bestands – und ist damit zu Recht das Land der Streuobstbäume“, freut sich Oberösterreichs Agrar-Landesrätin.
Tag der Streuobstwiese

Streuobstanbau – Kulturerbe mit Zukunft
Wildbienen - die unverzichtbaren Bestäuberinnen
Fast 700 verschiedene Wildbienen kommen in Österreich vor, davon ca. 420 in Oberösterreich. Im Gegensatz dazu gibt es nur eine Honigbiene in Oberösterreich. Zusammen spielen Wild- und Honigbienen und weiter blütenbestäubende Insekten eine entscheidende Rolle in der Bestäubung von Streuobstbäumen und tragen maßgeblich zur Fruchtbildung von Apfel, Birne und Kirsche bei. Sie sorgen dafür, dass Blütenpollen von einer Blüte zur nächsten übertragen werden. Besonders Wildbienen sind wichtige Bestäuber, da sie bereits bei kühlerem Wetter (4 C°) aktiv sind und effizienter bestäuben als Honigbienen. Honigbienen hingegen fliegen bei wärmeren Temperaturen (ab 8 bis 10 C°) und sind dafür blütenstet.
„Das heißt sie fliegen bei einem Ausflug immer die gleiche Art der Blüte an und so kommt kein artenfremder Pollen auf die Blüte. Durch ihre Bestäubungsleistung steigern sie nicht nur den Ertrag, sondern auch die Qualität der Früchte. Die Bestäubung ist eine Schlüsselfunktion, daher eine der bedeutendsten Ökosystemleistungen, und somit für den Erhalt der Biodiversität ausschlaggebend“, so die Schirmherrin des Bienenzentrums LRin Michaela Langer-Weninger.
Streuobstwiese – nationales Immaterielles Kulturerbe
Der „Streuobstanbau in Österreich“ wurde 2023 als nationales Immaterielles Kulturerbe der UNESCO anerkannt. Diese Auszeichnung würdigt die Vielfalt an Sorten und Arten, die traditionelle Nutzung sowie das Wissen rund um Pflege, Verarbeitung und Vermarktung.
Trotz ihrer Bedeutung sind Streuobstbestände österreichweit gesehen gefährdet. Von rund 35 Millionen Bäumen in den 1930er Jahren sind heute nur mehr etwa 4,2 Millionen in Österreich erhalten, davon ca. 1,5 Million in Oberösterreich, als jenes Bundesland mit den meisten Streuobstbäumen. Gründe dafür sind Strukturwandel in der Landwirtschaft, hoher Pflegeaufwand, geringe wirtschaftliche Rentabilität. Aber auch Krankheiten, Mistelbefall und Klimawandel setzen den Beständen zusätzlich zu.

Produkte von Streuobstwiesen
Der Streuobstanbau ist ein zukunftsfähiges, nachhaltiges Anbausystem. Durch Sortenvielfalt und angepasste Bewirtschaftung lassen sich auch Klimarisiken wie Spätfrost oder Trockenheit abfedern. „Eine nachhaltige Streuobst-Zukunft braucht jedoch gezielte Maßnahmen: bessere Marktbedingungen, Wertschätzung durch Konsumentinnen und Konsumenten sowie politische Unterstützung, die auch die ökologischen Leistungen honoriert“, betont DI Rainer Silber, Obmann der ARGE Streuobst Österreich und Geschäftsführer im Naturpark Obst-Hügel-Land.
Gartenbauschule Ritzlhof - eine Schule – 3 Berufe
Obstbau als Unterrichtsfach
Zur Ausbildung gehört auch der Fachbereich Obstbau und Baumschulwesen. „Unsere Schüler*innen lernen in Theorie und Praxis z.B. Obstbäume zu pflanzen, zu pflegen und zu veredeln, aber auch wie das Obst verwertet werden kann. Wir nutzen die Obst-Genbank für den praktischen Unterricht (z.B. Obstbaumschnitt) und ernten Obst für die Apfelsaftproduktion. Ritzlhof hat ein Internat mit Vollverpflegung. Der Apfelsaft und auch das Obst stehen bei den Mahlzeiten zur Verfügung“, so Dr. Wolfgang Eder, Direktor der Gartenbauschule Ritzlhof.
Wir haben 2023 ein Leitbild für unsere Schule entwickelt, bei dem das Wurzeln-Wachsen–Blühen-Früchtetragen im Mittelpunkt steht und ein Apfelbaum als Symbolbild dient. „Unsere Ausbildung ist zu vergleichen mit einem Obstbaum – beides trägt Früchte, die geerntet werden können,“ erläutert Direktor Eder.

Lebendiges Erbe – Obstgenbank schützt Vielfalt & Zukunft
Welche Ziele verfolgt OÖ damit?
- Erhaltung von seltenen Obstarten und –sorten
- Erhaltung von Obstsorten mit breit gestreutem Genpotenzial
- Erhaltung von Obstsorten, welche wertvolle Eigenschaften haben (Verwendung, Verarbeitung, Gesundheit, Robustheit)
- Erhaltung von Obstsorten, deren wirtschaftlicher Wert derzeit nicht im Vordergrund steht
- Erhaltung von Obstarten und –sorten, welche in ihrem Bestand gefährdet sind
- Abgabe von Edelreisern von Obstsorten, welche von Baumschulen nicht angeboten werden
Entwicklung der OÖ Streuobstgenbank
- 1990: Gründung der Obstgenbank Ritzlhof auf dem Landgut Ritzlhof durch den bekannten österreichischen Pomologen Siegfried Bernkopf.
- 2006: Übergabe der Genbank vom Bundesamt für Gesundheit und Ernährungssicherheit an das Land Oberösterreich. Landwirtschaftskammer Oberösterreich und Bildungszentrum Ritzlhof übernehmen die Bewirtschaftung.
- Seit 2020: Betreuung der Obstgenbank durch Johann Schillinger aus Enns, dessen Herz für den Streuobstbau schlägt.
Zur ARGE Streuobst Österreich

Zum Bienenzentrum Oberösterreich – biene.biodiversität.bildung.
Ansprechpartner für alle Fragen rund um die Themen Bienen und Biodiversität ist das Bienenzentrum OÖ. Es ist eine unabhängige Informations- und Wissensdrehscheibe, die Akteurinnen und Akteure aus den Bereichen Bienen- und Landwirtschaft, Bildung, Natur- und Umweltschutz sowie Wissenschaft miteinander vernetzt. Ein wichtiges Ziel ist es, Nahrungsgrundlagen für Wildbienen, Honigbienen und andere blütenbestäubende Insekten zu fördern und zu steigern. Zum Erreichen dieser Ziele setzt das Bienenzentrum auf Kooperation, Information, Wissensvermittlung und Erfahrungsaustausch mit allen Beteiligten. Alle Informationen zum Bienenzentrum Oberösterreich finden Sie auf der Website: www.bienenzentrum.at