Stefanie Payrleitner im Interview mit Peter Estl
Peter Estl wurde vom Bienenzentrum OÖ zum
Biodiversitätsbotschafter 2023 nominiert.
Farming for nature Österreich hält zu seiner Person wie folgt fest:
„Peter Estl beobachtet gern und sehr aufmerksam das Geschehen in der Natur rund um seinen Hof. Die Beobachtungen inspirieren ihn immer wieder zu neuen Maßnahmen, um der Natur auf seinen Flächen geeignete Rückzugsorte zu bieten. Er hängt Nistkästen für die Schleiereule auf, legt Blühstreifen entlang seiner Felder an und achtet bei der Bewirtschaftung seiner Felder genau auf den optimalen Zeitpunkt zum Befahren oder Düngen. Sein Wissen und seine Erfahrungen teilt er gern mit anderen und bringt es u.a. auch im Vorstand des Vereins lebensraum:natur ein, da ihm die Sensibilisierung der Bevölkerung für das Thema Biodiversität ein besonderes Anliegen ist.“
Leider schaffte es Peter Estl nicht in die nächste Runde. Stefanie Payrleitner führt für euch mit ihm ein Gespräch, um mehr über ihn, seinen Betrieb und die von ihm gesetzten Biodiversitätsmaßnahmen zu erfahren.
Stefanie Payrleitner: Was denkst du, zeichnet dich besonders als Botschafter für Biodiversität aus?
Peter Estl: Der Botschafter hat in erster Linie die Aufgabe Vorbild für andere zu sein und Biodiversitätsmaßnahmen in der Gesellschaft zu erklären. Es ergeben sich daraus für mich drei wichtige Punkte die berücksichtigt werden müssen:
- Verantwortungsvoll, aufmerksam und achtsam mit allen Sinnen das Geschehen in der Natur beobachten.
- Ohne Schuldzuweisungen immer auf Augenhöhe begegnen und sachlich kommunizieren
- Leben und leben lassen
Stefanie Payrleitner: Wann und mit welchen Mitteln hast du begonnen dich mit Biodiversität auseinander zu setzen?
Peter Estl: Aufgrund eines Hochwasserereignisses im Juni 2012, bei dem sehr viel Humus von unseren Feldern den Hof stark in Mitleidenschaft gezogen hat, wurde der bis dahin bestehende Pachtvertrag gekündigt, der Betrieb wurde wieder reaktiviert und auf biologische wirtschaftsweise umgestellt. Im Zuge des Bodenpraktiker Lehrganges wurde das Interesse zum Boden und weiter Folge das Thema Biodiversität immer mehr geweckt. Um vom Reden ins Tun zu kommen, gründeten wir im Jahr 2019 den Verein „lebensraum:natur“, der es sich zur Aufgabe macht, die Bevölkerung für das Thema Biodiversität zu sensibilisieren.
Stefanie Payrleitner: Was ist dein Bezug zur Landwirtschaft?
Peter Estl: Meine Frau Elisabeth und ich haben uns entschieden, den Hof meiner Schwiegermutter im Jahr 2009 zu übernehmen (12ha Acker, 2ha Wiesen, 9 ha Wald). Zu diesem Zeitpunkt wurde der Hof nicht bewirtschaftet und der Grund verpachtet. Im Juni 2012 wurde der Betrieb reaktiviert und auf biologische wirtschaftsweise umgestellt. Heute betreiben wir biologischen Ackerbau mit extensiven Früchten wie Einkorn, Emmer, Dinkel, Buchweizen, Öllein und Kartoffeln mit dem Ansinnen, diese Früchte möglichst direkt zu vermarkten. Mit den Überresten des Feldanbaues füttern wir dann Hühner und Enten. Der Betrieb wird im Nebenerwerb geführt.
Stefanie Payrleitner: Wie setzt du Biodiversität am eigenen Betrieb um?
Peter Estl: Biodiversität heißt „Die Vielfalt des Lebens“. Das heißt nichts Anderes als, dass wir so viele verschiedene Maßnahmen wie möglich setzen sollen.
- Ich habe auf meinen 12 ha Acker acht verschiedene Früchte angebaut – von diesen acht Früchten blühen fünf Früchte
- Ich baue Gemenge an
- Ich versuche, wenn möglich auch auf das Striegeln zu verzichten
- Es darf auch ein Feldrain bestehen
- Anlage von mehrjährigen Blühflächen an Stellen, wo mehr Aufwand bei der Bearbeitung geleistet werden muss, z.B. bei größerer Hangneigung oder Feldbegradigungen
- Ich versuche die Felder immer begrünt zu halten
- Anlage auch von einjährigen Blühflächen als Futterquellen für Blütenbestäuber
- Ein Teil der Wiesen wird nur ein- bzw. zweimal gemäht
- Ein Teil der Wiesen bleibt bei der ersten Mahd komplett stehen
- Düngungsverzicht auf einem Teil der Wiesen
- Streuobstwiese erweitert – tote Bäume bleiben stehen
- Nistkästen montiert (für Singvögel aber auch für die Schleiereule)
- Brennnessel dürfen stehen bleiben – es muss um den Hof nicht immer alles zusammengemäht werden
- Die Anlage einer Hecke ist in Planung
Stefanie Payrleitner: Worin siehst du die Chance einen landwirtschaftlichen Betrieb wirtschaftlich und gleichzeitig auch nachhaltig zu führen?
Peter Estl: Ich weiß, dass kaum einer eine solche Palette an Maßnahmen durchführen wird, wie ich es auf unserem Betreib praktiziere. Es kann aber auch ein intensiv geführter Betrieb seine Maßnahmen finden, um die Biodiversität zu steigern, ohne wirtschaftliche Verluste einzufahren. Man muss nur wollen.
Lassen wir wieder Platz für den Feldrain – es wird keiner den entgangenen Ertrag messen können.
Eine „sinnvoll“ angelegte Begrünung fördert nicht nur das Bodenleben, sondern trägt auch zur Biodiversitätssteigerung bei.
Im neuen Förderprogramm GAP 23 gibt es unter GLÖZ 8 die Forderung von 4% Ackerflächen als Brachflächen zu nutzen. Diese Flächen sinnvoll eingeplant und genutzt tragen schon zur Steigerung der Biodiversität bei.
Lassen wir wieder Platz für den Feldrain – es wird keiner den entgangenen Ertrag messen können.
Eine „sinnvoll“ angelegte Begrünung fördert nicht nur das Bodenleben, sondern trägt auch zur Biodiversitätssteigerung bei.
Im neuen Förderprogramm GAP 23 gibt es unter GLÖZ 8 die Forderung von 4% Ackerflächen als Brachflächen zu nutzen. Diese Flächen sinnvoll eingeplant und genutzt tragen schon zur Steigerung der Biodiversität bei.
Stefanie Payrleitner: Welchen wirtschaftlichen Nutzen bringt Biodiversität für deinen Betrieb?
Peter Estl: Das ist eigentlich das größte Problem an der ganzen Thematik. Der wirtschaftliche Nutzen ist leider schwer bis kaum zu beziffern.
Beispiel 1: Der Ertrag vom Buchweizen hängt sehr stark von der Bestäubungsleistung der Insekten ab. Je höher die Biodiversität am Betrieb bzw. in der Umgebung, desto höher die Bestäubungsleistung. D.h. der Ertrag steigt. Die Rechnung ist aber doch wieder nicht so einfach, da es keine lineare Funktion zwischen Biodiversitätsflächen und Ertrag gibt.
Beispiel 2: Beim Öllein ist der Ertrag vom Vorhandensein des Erdflohs massiv abhängig. Wird der Erdfloh durch die Fruchtfolge in Zaum gehalten oder von den Biodiversitätsmaßnahmen? Die Wahrheit wird eine Kombination aus beiden sein.
Beispiel 1: Der Ertrag vom Buchweizen hängt sehr stark von der Bestäubungsleistung der Insekten ab. Je höher die Biodiversität am Betrieb bzw. in der Umgebung, desto höher die Bestäubungsleistung. D.h. der Ertrag steigt. Die Rechnung ist aber doch wieder nicht so einfach, da es keine lineare Funktion zwischen Biodiversitätsflächen und Ertrag gibt.
Beispiel 2: Beim Öllein ist der Ertrag vom Vorhandensein des Erdflohs massiv abhängig. Wird der Erdfloh durch die Fruchtfolge in Zaum gehalten oder von den Biodiversitätsmaßnahmen? Die Wahrheit wird eine Kombination aus beiden sein.
Stefanie Payrleitner: Welche Ratschläge und Tipps kannst du Personen, die sich gern aktiv mit Biodiversität auseinandersetzen wollen, mit auf den Weg geben?
Peter Estl: Einfach anfangen. Beginne mit einer Maßnahme. Lass etwas Unordnung zu. Führe Beobachtungen durch. Je mehr du dich damit beschäftigst, desto mehr Freude wirst du an weiteren Maßnahmen finden.